Eine Nacht in der Geschlossenen

Jetzt war es schon eine gewisse Zeit her dass ich bei der Alkoholberatung oder einer SHG war. Ich fühlte mich sicher, zuversichtlich und dachte mir auch, dass mir ein Rückfall nicht passieren kann. Nun ist es ja so, dass es erstens immer anders kommt, und zweitens als man denkt.
In meiner Vergangenheit hat mir der Alkohol immer geholfen meine Sorgen wegzuspülen und zu mindestens für den Augenblick zu vergessen. Er wirkte sich voll auf mein Bewusstsein aus und ich konnte Schmerz und Angst besser ertragen. Ich vergaß den Schmerz und realisierte nicht, dass mein Schmerz immer größer wurde. Alle Gedanken an die Dinge, die so passiert waren, konnte ich erfolgreich für eine gewisse Zeit verdrängen. Die gewisse Zeit war die Menge an Alkohol die ich dazu brauchte.

Nun auch zu diesem Zeitpunkt hatte ich wieder einen Schicksalsschlag zu erleiden und ich suchte wiederum mit der Flasche die Lösung. Im Zug Richtung Wien habe ich schon eine Flasche mit gehabt. Mit dem vollen Willen diese bis nach Wien zu leeren habe ich mich dann in den Zug gesetzt. Das mich Leute komisch angesehen haben als ich an der Flasche zog war mir eigentlich egal. Geschickt überzeugte ich mich immer wieder ob die  Menschen rund um mich rüber gucken. Und wenn ich das Gefühl hatte, niemand schaut,  dann habe ich wiederum schnell einen Schluck genommen.

Das Nachsehen oder abzuchecken ob die anderen mich ansehen wurde immer weniger und mir wurde das auch wiederum auch mehr egal. Das letzte, an das ich mich dann erinnern kann ist als ich dann am Zielbahnhof ankam. Und dann wurde alles schwarz und ohne einen Erinnerungswert.




Ich machte meine Augen auf. Auf dem Bett war Blut und ich war von einem Art Netz umgeben. Alles, aber auch alles tat mir weh und ich hörte ziemlichen Krach. Mir war schlecht und ich brachte aber kein Wort heraus.
Ich versuchte mich zu bewegen, es ging aber nicht das ich an das Bett gebunden war. Ja, meine Hände und Füße waren angebunden.


Rund um mich hörte ich die Menschen slowakisch reden und ich erkannte, dass viel die um mich herum redeten betrunken oder benommen waren. Nach erst ca. 10 Minuten begriff ich dass ich in einem Krankenhaus war.

Mir wurde so schlecht, dass ich mich übergeben musste und dann kam auch eine Art Pfleger. Der Typ sah aus als er vom Gefängnis ausgebrochen war und gab dieses Netz zur Seite und band mich los. Auf Slowakisch versuchte er sich zu verständigen, und ich verstand dass er mich fragte wie es mir geht. Ich hatte sofort das Gefühl, dass ich hier raus wollte doch konnte mich absolut vor Schmerzen nicht bewegen. Ich bemerkte auch dass ich an einer Infusion hing und verfiel wieder in Schlaf.
Immer wieder, wenn ich kurz erwachte schrie ich um Hilfe. Ich konnte mich ja nicht bewegen und schaute eigentlich immer nur in den Raum hinein der aussah als wie eine Gefängniszelle. Die Hilferufe brachten mir nichts. Niemand kam und nach mehreren Versuchen verfiel ich wiederum in Schlaf.

Erst nach einigen Stunden wurde ich wieder munter als ein Arzt bei mir stand und mir zu verstehen gab, dass mich die Rettung ins Krankenhaus gebracht habe und ich nicht mehr aufrecht gehen konnte. Er sagte mir dass ich auf der Straße gestürzt sei und offenbar mich am Kopf geschlagen hatte.
Zu diesem Moment bekam ich auch schon wieder Lust auf Alkohol und dachte mir: „Nur raus von hier! Ich muss es ja dann nicht übertreiben“!
Ich will nur was zum Trinken. Denn ich schwitze und zitterte ziemlich. Die Entzugserscheinungen traten bereits auf.  Doch die Ärzte banden mich nicht los. Es war echt wie in einem schlechten Film und ich fühlte mich total isoliert und weggesperrt.
Nach 2 Tagen wurden mir die Fesseln entfernt und wurde in ein normales Zimmer verlegt. Da ich unbedingt weg wollte unterschrieb ich dann sofort einen Revers, das bedeutet man übernimmt die Verantwortung falls einem etwas passiert für sich selbst. Mir war ziemlich ungut zumute und ich war eigentlich über mich selbst entsetzt. Doch scheinbar hat das noch nicht genügt. Dazu werde ich dann später noch in meinem Buch eingehen.

Wenn man ein Trinker ist, dann hat man so einiges nicht mehr unter Kontrolle. Seinen Willen, seine Gedanken im generellen und die Kraft es sein zu lassen. Ich kann nur eines sagen, das war eines meiner schlimmsten Erlebnisse, die ich jemals hatte, doch es war scheinbar noch nicht genug, um damit endgültig aufzuhören. Es kamen solche Schuldgefühle in mir hoch und ich fühlte mich schlecht als Mensch. „Ich bin ein Versager“, dachte ich mir. Mein Leben und meine Gedanken absolut nicht im Griff und alles wurde wiederum schwarz um mich herum. „Die negativen Gedanken“ hatten mich wieder und der Weg zur Flasche war nicht mehr weit.

Einem Alkoholiker kann kein Mensch helfen. Nur er oder sie selbst kann das Trinken beenden. Wenn der Mensch nicht bereit ist sich zu ändern, oder dies auch wirklich will können die Umstände rund um Ihn noch so tragisch und verwerflich sein. Der Mensch wird der bleiben der er ist und absolut nichts dagegen unternehmen. Seit der Zeit das ich trocken bin, habe ich sehr viele kennen gelernt und immer wieder dasselbe gesehen.

Ihr, die dieses Buch lest kann ich nur wünschen, dass es bei Euch klappt den Willen zu haben damit aufzuhören. Ihr selbst seid es denen es wichtig erscheinen muss keinen Tropfen mehr zu trinken.

Die Alkohol Beratung und SHG

Ich weiß ja nicht wie es Euch gegangen ist, als Ihr das erste Mal in einer Selbsthilfegruppe oder bei einer Alkohol Beratungsstelle gewesen seid. Mein erster Weg, als ich verstanden hatte:“ Ich habe mit Alkohol ein Problem“, war ja die Alkoholberatungsstelle des Landes OÖ. Ich hatte keine Ahnung was da auf mich zukam, doch ich wusste ich muss etwas ändern. Ich brauchte echt Hilfe und Beratung. Ich als Person war nicht fähig mit dem Thema richtig umzugehen.

Als ich das erste Mal dort war, bin ich auch noch nicht bereit gewesen dafür. Es hat sich in mir noch nicht so richtig durchgesetzt aufhören zu wollen. Heute denke ich, dass ich nicht für mich sondern für die Angehörigen einen Weg gesucht habe mich rechtfertigen zu können. „Er trinkt, macht aber was dagegen“.

In einer kleinen Gemeinde, gibt es nicht so wirklich professionelle Organisationen, doch es gibt überall einen Arzt oder ein Krankenhaus. Hier findet man normalerweise immer eine Stelle an die man sich wenden kann. In meinem Fall war es die Alkoholberatungsstelle des Landes Oberösterreich. Zum Arzt bin ich nicht gegangen, da dort immer wieder viele Menschen sind die ich kenne. Also blieb mir nur mehr diese Alkoholberatungsstelle.

Ich erinnere mich heute noch genau daran, als ich dort vor der Dame gesessen bin und sie mich alles Mögliche gefragt hat. Zuerst dachte ich mir echt: „die hat einen Vogel“. Doch irgendwie tat es mir gut mit jemanden darüber zu sprechen. Ich hab auch bemerkt, dass mir nach dem Termin nicht gleich wieder der Alkohol gefehlt hat. Es hat mir scheinbar einen positiven Schub gegeben. Doch sehr lange hat das nicht angehalten. Heute weiß ich, wenn ich mehrere Termine genützt hätte, dann wäre das mit dem Trinken sicher besser geworden.

Doch wie gesagt: Ich war noch nicht so weit. Im Rahmen dieser wöchentlichen Termine bekam ich auch die Information, dass 1x im Monat ein Gruppen Treffen stattfindet. Ich wollte mir das unbedingt mal ansehen. Also ging ich da hin.
Schon als ich dort beim Krankenhaus ankam, wo das Treffen stattfand, sah ich ein paar ganz komische Gestallten vor der Tür auf dem Raucherplatz. Leute mit kaputter Haut, oder ohne Zähne. Man kannte sofort, dass es sich da um Alkoholiker handelte. Ich hatte ein ganz komisches Gefühl und wollte das Krankenhaus auch schon wieder verlassen, als mich einer der Leute die am Raucherplatz standen bat doch mit zu kommen. „Ich hätte ja nichts zu verlieren“, meinte er.
Also ging ich mit Ihm. Zu meinem Erstaunen waren da ziemlich viele Menschen. Wie ich sofort gemerkt hatte aus alle Schichten. Angefangen von Bankern bis hin zu Landwirten oder Geschäftsleuten. Sogar ein Pärchen war dort am Tisch. Jeder stellte sich vor und erzählte seine Geschichte. Und ich muss Euch sagen, was ich da zu hören bekam war echt erschreckend. Also da war meine Geschichte echt harmlos. Da waren Menschen die alles verloren hatten. Ich meine wirklich alles, und das nur durch Alkohol. Am meisten hat mich dieses Pärchen inspiriert, die schon geschieden waren und dann nach 5 Jahren wieder eine glückliche Beziehung führten. Sie erzählten mir, dass sie kein einziges Treffen auslassen und jede Möglichkeit nutzen um sich wieder daran zu erinnern wie es damals war als „Er“ noch getrunken hat. Die Begriffe CO-Abhängigkeit oder Ausrutscher waren da noch komplett neue Dinge für mich und ich konnte nicht so wirklich etwas damit anfangen.
Ich hätte mir damals die Worte von den anderen die schon länger trocken waren echt mehr zu Herzen nehmen sollen, dann wäre mir viel erspart geblieben. Damals war es das einzige Gruppentreffen auf das ich ging. Der Alkohol war noch wichtiger für mich als die Genesung.
Heute weiß ich, dass ein einziges Treffen sicher nicht ausreicht um aus dem Sumpf herauszukommen. Man braucht viele Treffen und Einzelgespräche. Viele Gedanken mit jemanden zu teilen ist wichtig. Auch diese die man sich denkt, dass sie nur für einen selber bestimmt sind. Das was die anderen da gesprochen hatten berührte mich zwar, doch noch nicht so viel das es mir wirklich half.
Schon bald ging ich wieder den gewohnten Weg ins Geschäft wo ich mir eine Flasche besorgte. Es war schon komisch diese Zeit. Ich wusste genau, dass ich einen Fehler machte. Ich hatte auch die Worte der Menschen der SHG im Kopf, doch tat es trotzdem.
Leute, wenn Ihr mal in einer SHG seid, dann hört nicht auf auch dort hinzugehen. Ob es nun die Anonymen Alkoholiker, das blaue Kreutz oder eine gemeinnützigen Sozialstelle ist wo Ihr hingeht. Es ist wichtig weiter zu tun und damit niemals aufzuhören. Wenn man damit aufhört dort hinzugehen ist eigentlich ein Rückfall schon vorprogrammiert.
Erst neulich bei den Anonymen Alkoholikern ist es geschehen. Ein Mitglied das schon 7 Jahre trocken war und aufgehört hat auch zu den Treffen zu gehen hat sich sehr sicher gefühlt. So sicher, dass er dachte er braucht diese Treffen nicht mehr. Er hat sich auch gedacht, dass er ab und zu wieder ein Glas trinken kann. Man hat es ja unter Kontrolle. Dieser Mann ist daran gestorben. Er verlor wieder die Kontrolle und dass massiv. Als wir am Treffen dann eine Schweigeminute einlegten wurde mir wiederum bewusst wie wichtig diese Treffen sind. Sie bringen immer wieder das zum Vorschein was war und bestärken einem für die Zukunft. Vor allem sind da Menschen die einem verstehen. Ein Psychotherapeut wird Euch nicht verstehen. Jemand der von der Krankheit nicht betroffen ist wird Euch auch nicht verstehen. Wie denn auch! Sie sagen zwar, dass sie verstehen, werden es aber niemals wirklich tun.
Ich habe es heute verstanden. Eigentlich nach Jahren erst. Aber zu diesem Thema möchte ich später noch in meinem Buch eingehen.

Wir sind übersiedelt

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